Klima

Luft und Klima [sind] auch durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu schützen; dies gilt insbesondere für Flächen mit günstiger lufthygienischer Wirkung wie Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete oder Luftaustauschbahnen; dem Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung insbesondere durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien kommt eine besondere Bedeutung zu.“ (§1 Absatz 3 Nr. 4 BNatSchG).

Verdichtungsräume haben u. a. durch Veränderungen der Oberflächenstruktur und Aufheizung ein gegenüber ihrem Umland abweichendes „Stadtklima“, dessen negative Effekte besonders bei windstillen, austauscharmen Strahlungswetterlagen belastend auf Lebewesen wirken. Besondere Phänomene des Stadtklimas sind die Ausprägung sogenannter „Wärmeinseln“ über den dicht bebauten Stadtteilen, die eine starke Versiegelung aufweisen und nur über wenige Grünflächen verfügen, mit niedrigerer Luftfeuchtigkeit und geringem Luftmassenaustausch. Aus lufthygienischer Sicht entstehen zusätzliche Belastungen durch die Erzeugung von Schadstoffen in der Stadt. 

Unter diesen meteorologischen Bedingungen können nächtliche Kalt- und Frischluftströmungen aus dem Umland und aus innerstädtischen Freiräumen zum Abbau der Belastungen in angrenzenden größeren Siedlungen beitragen“ (Lapro 2020, S. 66-67).

Die Frisch- und Kaltluftzufuhr aus dem Gebiet Ackmann/Thebushelmde hat eine direkte positive bioklimatische Auswirkung auf angrenzende Stadtteile: „Gut ein Drittel der bebauten Flächen weist eine Überwärmung von weniger als 2 K auf. Dies betrifft vor allem die Randbereiche des Stadtgebietes. Die Flächen zeichnen sich i.d.R. durch eine lockere Bebauung mit einem geringen Versiegelungsgrad aus und werden noch ausreichend von der Frischluftzufuhr aus dem Umland versorgt. Etwa 27,8 % der Flächen weisen einen Wärmeinseleffekt über 4 K und 0,8 % der Flächen einen Wärmeinseleffekt über 5 K auf. Die davon besonders betroffenen Gebiete sind die Ortsteile Mitte-Nord, Mitte-Süd, Goethestraße, Klushof, sowie einige Areale in Geestemünde-Nord und Geestendorf. Vor allem die Ortsteile Goethestraße, Geestendorf und Klushof weisen für Bremerhaven eine vergleichsweise hohe Bevölkerungsdichte auf. Bei zukünftigen Planungen und städtebaulichen Entwicklungen ist vor allem in diesen Ortsteilen darauf zu achten, dass sich die Situation nicht verschlechtert bzw. im Allgemeinen ist hier eine Verbesserung durch angemessene Maßnahmen anzustreben“ (Lapro 2020, S. 67).

Der Kaltlufteinwirkbereich kennzeichnet das bodennahe Ausströmen der Kaltluft aus den Grünflächen in die angrenzende Bebauung während einer autochthonen Sommernacht. [...] Innerhalb des Stadtgebiets gelten 28,0 % der Siedlungs- und Gewerbeflächen als Kaltlufteinwirkbereich. Mehrheitlich handelt es sich dabei um Flächen in den Randbereichen; [...] Kaltluftaustauschbereiche verbinden Kaltluftentstehungsgebiete (Ausgleichsräume) und Belastungsbereiche (Wirkungsräume) miteinander oder erfüllen eine wichtige Durchlüftungsfunktion und sind somit elementarer Bestandteil des Luftaustausches. Als geeignete Oberflächen innerhalb von Siedlungsräumen, die ein Eindringen von Kaltluft in die Bebauung erleichtern, dienen sowohl gering bebaute vegetationsgeprägte Freiflächen, Kleingärten und Friedhöfe als auch Gleisareale, Wasserflächen und breite Straßenräume. Da Kaltluftaustauschbereiche selbst ebenfalls Kaltluft produzieren können, lassen sich Freiflächen, von denen Kaltluft direkt in die Bebauung strömt, nicht immer trennscharf ab-grenzen von den Flächen, die als mehr oder weniger reine „Transportwege“ fungieren. Die ausgewiesenen Bereiche sind vorwiegend thermisch induzierte und auf das Siedlungsgebiet ausgerichtete besonders relevante linienhafte oder flächenhafte Strukturen mit einer für das Stadtgebiet außergewöhnlichen Breite bzw. Länge, die Flurwinde in das Stadtgebiet hineintragen“ (Lapro 2020, S. 67-68). „Kaltluftentstehungsgebiete kennzeichnen Grünflächen mit einer deutlich überdurchschnittlichen Kaltluftproduktionsrate und speisen die Kaltluftaustauschbereiche bzw. reichen auch über diese hinaus“ (Lapro 2020, S. 69).

Für Bremerhaven sind insgesamt fünf Kaltluftaustauschbereiche ausgewiesen, „die aufgrund ihrer Lage und Charakteristika als besonders wichtig für die großräumige Durchlüftung des Stadtgebiets gesehen werden“ (Lapro 2020, S. 68). Sie liegen in den Randbereichen der Stadt. „Die stadtklimatische Bedeutung von Grün- und Freiflächen wird entsprechend ihrer Ausgleichsleistung für bioklimatisch ungünstige Siedlungsbereiche bewertet. Grünflächen von hoher und sehr hoher Bedeutung liegen daher hauptsächlich in direkter Nähe zu weniger günstigen Siedlungsbereichen oder sie fungieren als Kaltluftentstehungsgebiet und Kaltluftleitbahn“ (Lapro 2020, S. 70). 

Dem Gebiet Ackmann/Thebushelmde wird eine sehr hohe bioklimatische Bedeutung beigemessen (Lapro 2020, Vgl. Stadtklimaanalyse Bremerhaven 2019). Im Bereich Thebushelmde befinden sich Flächen mit überdurchschnittlicher Kaltluftproduktion (Lapro 2020). Das Siedlungsgebiet Buschkämpen hat im Wesentlichen eine günstige bioklimatische Situation mit Kaltlufttransport in Richtung bioklimatisch ungünstiger Siedlungsbereiche bzw. eine günstige Wirkung für angrenzende belastete Siedlungsräume (Lapro 2020). Als Beeinträchtigung und Gefährdung der Lufthygiene im Bereich Ackmann/Thebushelmde im östlichen Randbereich von Bremerhaven werden die Bundesautobahn A27 und die Müllverbrennungsanlage genannt (Lapro 2020, S. 70).

 

Klimawandel

 

In Bremerhaven wird das Temperaturniveau durch den Klimawandel steigen (Lapro 2020, S. 35). Die Anzahl der Sommertage wird zwischen 2021-2050 um 11 Tage, zwischen 2071-2100 um 35 Tage zunehmen. Tropennächte in Bremerhaven werden auf 4 bzw. 15 ansteigen. „Trotz der sehr guten Belüftung in der norddeutschen Tiefebene ist auch in Bremerhaven ein Wärmeinseleffekt zu erkennen. Dieser Wärmeinseleffekt verstärkt zum einen den im Rahmen des Klimawandels prognostizierte Temperaturanstieg und führt in den städtischen Siedlungsräumen sowohl tagsüber als auch nachts zu einem markanten Anstieg belastender Wärme-Situationen.“ Dies führt zu einer gesundheitlichen Gefährdung der Einwohner.

Die Häufigkeit und Intensität von Starkregenereignissen, Hitzeextremen und Stürmen wird zunehmen (Lapro 2020, S. 35). „Im Sommerhalbjahr könnten Hitzebelastung, Trockenperioden und lokale Gewitterereignisse häufiger werden, und damit eine Zunahme kurzzeitiger, aber intensiver Regenschauer. Im Winterhalbjahr scheint eher die Zunahme der Niederschlagsmenge, eine Zunahme von durch Tiefdruckgebiete bestimmten, langandauernden Regenfällen sowie größeren Sturmintensitäten an Relevanz zu gewinnen.“

Daher muss das Kanalisationssystem höher dimensioniert werden, um Rückstau innerhalb des Kanalnetzes, oberirdischen Abfluss des Niederschlags mit überlaufenden Straßeneinläufen, Überflutungen von Straßen und tiefliegenden baulichen Anlagen zu vermeiden (s. Lapro 2020, S. 36). 

Ein hoher Versiegelungsgrad und Bebauung, sowie die Emission von Luftschadstoffen und Abwärme führen dazu, dass die für die Region ermittelten klimatischen Veränderungen in städtischen Siedlungen in ihrer Wirkung verstärkt werden: eine höhere Durchschnittstemperatur, höhere Schadstoffkonzentrationen, niedrigere Luftfeuchtigkeit und veränderte Windböigkeit. Der Übergang in die freie Landschaft und die freie Landschaft selbst im Gebiet Ackmann/Thebushelmde muss erhalten werden, denn dieser spielt eine wichtige Rolle im Wärmehaushalt der Stadt: „Zustrom bzw. Einsickern von kühlerer Luft aus dem Umland oder aus größeren Grünflächen“ (Lapro 2020, S. 36). Dieser wird eingeschränkt durch Bebauung. Zukünftig wird Bremerhaven auf jeden Quadratmeter Grünfläche bzw. freie Fläche angewiesen sein, um eine Aufheizung der Stadt abzumildern.

Der Meeresspiegelanstieg wird höhere Sturmfluten mit sich bringen, so dass die Anforderungen an den Hochwasserschutz im besonders vulnerablen Bremerhaven höher werden (s. Lapro 2020, S. 36). Auch hydrologische Effekte sind denkbar wie z.B. ein höherer Tidenhub oder eine größere Reichweite des Tideeinflusses in die Nebenflüsse.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Tier- und Pflanzenwelt im Raum Bremerhaven sind äußerst vielfältig (s. Lapro 2020, S. 37), z.B. trockene Frühjahre können zu Brutverlusten bei Wiesenvögeln führen, Arten mit nordischem Verbreitungsgebiet könnten verdrängt werden, wärmeliebende Arten aus dem Süden wandern ein usw. Lebensräume werden sich wandeln, da der Wasserhaushalt sich verändert. So könnten sich Amphibien sich nicht mehr vermehren, da Kleingewässer früher austrocknen oder feuchtigkeitsliebende Pflanzenarten verschwinden.

Für Böden wie die im Gebiet Ackmann/Thebushelmde ist anzumerken: „Die typischen Niederungsböden Bremerhavens mit hohen Wasser- und Humusgehalten besitzen in besonderem Maße die Fähigkeit zur langfristigen Bindung von CO2. Erhöhte Durchschnittstemperaturen, längere Trockenperioden und Starkregen können die Puffer- und Filtereigenschaften der Böden massiv beeinträchtigen, auch mit Auswirkungen auf Wasser und Klima durch erhöhten Oberflächenabfluss und sinkende Grundwasserneubildungsraten. Geringere Bodenwassergehalte hätten eine höhere Mineralisierungsrate (Zersetzung) der organischen Substanz und damit eine verstärkte Freisetzung von Kohlendioxid in die Atmosphäre zur Folge“ (Lapro 2020, S. 38).

In der Konsequenz müssen sich Flächennutzungen an den Klimawandel anpassen (s. Lapro 2020, S. 38). Für den Magistrat der Stadt Bremerhaven gilt zusammen mit dem Senat der Freien Hansestadt Bremen eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel zu entwickeln und diese auch umzusetzen. Dazu sind sie gemäß Klimaschutz- und Energiegesetze verpflichtet (s. Lapro 2020, S. 38). Die Klimaanpassungsstrategie für Bremerhaven soll helfen „die Toleranz und Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaveränderungen und deren Folgen (Meeresspiegelanstieg, Starkregen, Hitzewellen, Trockenheit etc.) sowie die Vorsorge und das Reaktionsvermögen der Stadtgemeinde“ zu stärken (Lapro 2020, S. 38).